Samstag, 31. Oktober 2009

Zwerg-Naseweisheit

Das Gefühl, das nach den ersten Stunden Entzug leicht als das dominante identifiziert werden kann, ist Hunger. Meine Hauptbeschäftigung ist die Nahrungsaufnahme. Ich lasse keine Mahlzeiten, Zwischenmahlzeiten, Snacks oder Appetithäppchen aus. Mir ist klar, dass das eine Ersatzhandlung sein muss; dass ich vielleicht mehr mit den Lippen, als mit der Zunge oder dem Magen esse. Eine orale Kompensation sozusagen. Dort, wo normalerweise eine Kippe klebt, Rauch eingesaugt und ausgeblasen wird, ist eine Einbahnstraße für Essbares entstanden, die nur eine Hauptstosszeit kennt: ständig.

So landet heute alles mögliche in meiner Verdauungsmaschinerie: Belegte Brote, Leberkäs-Semmeln, Obst, Süßigkeiten wie Croissants, Krapfen und ein Fruchtzwerg. Ja, ein Fruchtzwerg. Diese süße Löffelmasse meiner Kindheit. Als ich den Aluverschluß vom orangen Becher abziehe, fällt mir ein kleiner Aufdruck ins Blickfeld: "Danone empfiehlt eine ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensweise." Nicht unbedingt eine gewagte Aussage.

Was will Danone damit ausdrücken? Suggeriert es mir, dass Fruchtzwerge besonders gesund sind oder ist es doch eher ein Warnhinweis? Das ich mich nicht nur von Frischkäsezubereitung ernähren kann und auch andere Nahrungsquellen aufsuchen sollte? Ist es ein Werbe-Statement, dass die Meinung des Konzerns und seinen 82.000 Mitarbeitern repräsentiert? Wohl eher nicht.

Vielleicht hat es mit den Protesten einiger Verbraucherschützer zu tun, die die Werbestrategie der Fruchtzwerge anzweifelt. "So wertvoll wie ein kleines Steak", "Kristallzuckerfrei": für solche Aussagen wurde Danone in der Vergangenheit gerüffelt, weil sie schlichtweg irreführend sind. So ein Fruchtzwerg ist einfach nicht besonders nahrhaft. Eine Studie besagt sogar, dass der verwendete Kristallzuckerersatz wahrscheinlicher zur Fettleibigkeit führt, als gewöhnlicher Haushaltszucker. Vielleicht hat der Zwerg deswegen einen sanften Warnhinweis verdient, abgeschwächter als die Todesdrohungen auf den Zigarettenpackungen.

Nun ja. Ich empfehle mir auch eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil, deswegen verzichte ich ja auf Zigaretten. Den nächsten Fruchtzwerg kann ich mir eigentlich auch sparen, denn so lecker wie als Kind schmeckt er nicht mehr. Das Chili con Carne ist fertig...


Junkie-Zwerg

Wenn bei Capri...

Die Pizzeria ist immer noch eine Pizzeria. Seitdem ich denken kann ist sie eine. Ich fand die Verwendung von Oregano dort immer besonders gelungen. Ich war vielleicht elf Jahre alt. Erinnere mich an die Wandbilder von Capri, der blauen Grotte und den Fischerbooten. Lachte laut auf, als ich auf der Tageskarte "Cozze alla chef" las.

Der Vorgänger dieses Restaurants musste den Laden aufgeben, als man seine Sparmaßnahme "Hundefutter statt Hackfleisch" als "nicht praktikabel" abstempelte. Es hält sich jedoch das Gerücht, dass gerade diese geheime Zutat von einigen Kunden besonders geschätzt wurde.

Heute grinst mich dort ein Dick-Tracy-Verschnitt mit Trenchcoat, Krawatte und Hut an. Er verspricht "heiße Ware auf Bestellung". Die Pizza rollt langsam über ein Fließband durch den Elektro-Ofen. Oregano ist unsichtbar.

Ich habe mich entschlossen, auf den Stufen vor dem Eingang meine letzte Zigarette zu rauchen. Hier, wo ich auch zum ersten Mal gepafft habe. Das ist ungefähr 16 Jahre her. Man kann mich neurotisch nennen, aber ich habe nun mal ein besseres Gefühl, wenn sich Kreise schließen. 100 Tage ohne Zigarette- was das wohl aus mir machen wird? Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...

Freitag, 30. Oktober 2009

Trennung

Vor dem Eingang einer Pizzeria sind wir uns begegnet. Ich weiß nicht, was mich dazu gebracht hat, dich anzusprechen. Leichtsinn, Abenteuerlust und der Wunsch nach Reife spielten wohl die Vorlage für diese Entscheidung. Ich stellte mich wohl recht ungeschickt an, doch bald habe ich dir zum ersten Mal Geld gegeben und wenig später hast du mich geküsst. Ein billiger Deal, der mir oft teuer zu stehen kam. Ich fühlte ein leichtes Schwindelgefühl als es geschah. Die Verwirrung öffnete dir die Tür zu meinen Gefühlen und du wurdest ein fester Bestandteil meines Lebens
.

Wir teilten schöne Zeiten: Sind zusammen um die Häuser gezogen, waren wild auf den Parties, haben aber auch immer wieder gemütliche Stunden miteinander verbracht. Es dauerte ein wenig, bis ich dich meinen Eltern vorstellte. Du weißt, sie sahen dich nicht gerne im Haus. Aber unsere Abhängigkeit war zu stark. Ich mochte auch deine Freunde. Und die mochten meine Freunde. Wie oft streiften wir alle zusammen durch die Clubs der Stadt oder saßen in geselliger Runde?

Auch wenn du es jetzt nicht wahrhaben willst: Unser Verhältnis ist nicht mehr so wie früher. Seien wir ehrlich: es ist nur noch Gewohnheit. Deine Küsse schmecken nicht mehr, fast wird mir schlecht von deinem Geruch. Mit deinem Freundeskreis bin ich schon länger im Krieg- alles Heuchler. Heute halte ich es für das Beste, wenn wir uns in den kommenden 100 Tagen nicht sehen. Lass uns eine Pause machen. Ein Abschiedskuss und dann gehe. Bitte, gehe.